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Vier neue ERC-Grants an der LMU

10.01.2022

Vier Nachwuchsforscherinnen und -forscher haben mit der LMU prestigeträchtige Starting-Grants des Europäischen Forschungsrats eingeworben.

Vier Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler verschiedener Disziplinen haben mit der LMU je einen Starting-Grant des Europäischen Forschungsrats (ERC) für ihre Forschung eingeworben. Die Projektförderung beträgt jeweils etwa 1,5 Millionen Euro. Sie wird anhand der wissenschaftlichen Exzellenz der Antragsteller sowie des beantragten Projekts vergeben und zählt zu den angesehensten Forschungsförderungen in Europa.

Die in dieser Runde erfolgreichen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler arbeiten bereits an der LMU: Dr. Joanna Drazkowska, Fakultät für Physik, Dr. Sebastian Höhna, Fakultät für Geowissenschaften, Prof. Dr. Daniel Merk, Fakultät für Chemie und Pharmazie, und Dr. Liang Emlyn Yang, Fakultät für Geowissenschaften.

Die Entstehung von Planeten rund um Sterne verstehen

Protoplanetare Scheibe, die den jungen Stern HL Tauri umgibt: Neue Beobachtungen enthüllen Substrukturen innerhalb der Scheibe, die noch nie zuvor gesehen wurden, und zeigen selbst die möglichen Positionen von Planeten, die sich in den dunklen Stellen des Systems bilden.

© ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)

Die neuen Projekte im Überblick:

Dr. Joanna Drążkowska ist Astrophysikerin und arbeitet als Postdoktorandin an der Universitätssternwarte der LMU. Ihre Forschung trägt dazu bei, unser Verständnis von der Entstehung von Planeten grundlegend zu verbessern.

Zahlreiche Entdeckungen von Exoplaneten in den letzten Jahren haben gezeigt, dass die Entstehung von Planeten eher die Regel als die Ausnahme ist. Gleichzeitig haben Astrophysikerinnen und Astrophysiker enorme Fortschritte bei der Beobachtung der Geburtsstätten von Planeten gemacht und mehr über die Risiken gelernt, die es gerade in der Umgebung junger Sterne gibt. Trotz dieser wichtigen Erkenntnisse bleibt der Prozess der Planetenentstehung als Ganzes ein Rätsel, da seine Zwischenstufen im Wesentlichen nicht beobachtet werden können.

Hier setzt Joanna Drążkowska mit ihrem ERC-Projekt Planetoids (Formation of planetary building blocks throughout time and space) an. Es zielt darauf ab, innovative numerische Modelle für die frühen Stadien der Planetenentstehung zu erstellen, wenn der Staub zu Kieselsteinchen heranwächst und schließlich aufgrund der Schwerkraft in sogenannten Planetesimalen, also Planetenbausteinen, gebunden wird. Für diese wichtige Phase der Planetenbildung gibt es nur wenige globale Modelle. „Planetoids“ will über den aktuellen Stand der Technik hinausgehen und die neuesten Modelle zur Bildung und Struktur zirkumstellarer Scheiben, zur Staubentwicklung, zur Bildung von Planetesimalen und zum Wachstum von Planetesimalen umfassend bündeln. Wichtige Fragen sind: Wie wächst und zirkuliert Staub in windgetriebenen zirkumstellaren Scheiben? Wo, wann und wie viele Planetesimale können dabei entstehen können und wie hängt das von den Eigenschaften und der Umgebung des Wirtssterns ab? Und schließlich: Welche Wege zur schnellen Planetenbildung könnte es geben? Von ihren Modellen erhofft sich die Astrophysikerin entscheidende Erkenntnisse, um den Ursprung unseres Sonnensystems und die Vielfalt der Exoplaneten erklären zu können.

Joanna Drążkowska studierte Astronomie an der Nikolaus-Kopernikus-Universität Toruń, Polen, und wurde im Jahr 2014 am Institut für Theoretische Astrophysik der Universität Heidelberg promoviert. Nach drei Jahren als Postdoktorandin am National Centre of Competence in Research „PlanetS“ an der Universität Zürich wechselte sie 2018 an die Universitätssternwarte der LMU zu Professor Til Birnstiel. Im Jahr 2021 ist Joanna Drążkowska mit dem A&A (Astrophysics&Astronomy) early career award ausgezeichnet worden.

Dr. Sebastian Höhna leitet eine Emmy-Noether-Forschungsgruppe am GeoBio-Center der LMU. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf der Entwicklung neuer statistischer Modelle und Software zur Erforschung der Stammesgeschichte der Lebewesen.

Die biologische Vielfalt der Erde ist ein dynamischer Prozess der durch das Entstehen und Aussterben von Arten bestimmt wird. Zeitlich und auch zwischen Artengruppen ist die Biodiversität extrem variabel, wie sowohl rezente als auch ausgestorbene Arten belegen. Welche Faktoren die Artbildungs- und Aussterberaten auf makroevulotionärer Ebene bestimmen, also über Artgrenzen hinaus, ist immer noch unbekannt. In seinem Projekt MacDrive will Sebastian Höhna statistische, rechnerische, neontologische – also auf heutige Arten bezogene – und paläobiologische Ansätze kombinieren, um die Dynamik der Makroevolution zu untersuchen. Dazu wird er neue statistische Modelle entwickeln, um zeitlich variierende und artspezifische Artbildungs- und Aussterberaten zu schätzen. Zum Testen der neuen Methoden will er die Evolution von vier großen systematischen Gruppen analysieren und untersuchen, ob Artbildungs- und Aussterberaten mit Umweltfaktoren oder artspezifischen Merkmalen korreliert sind. Schließlich will Höhna prüfen, ob bestimmte Merkmale mit der Überlebenswahrscheinlichkeit bei Massenaussterben korrelieren, da beispielsweise der Lilliput-Effekt kleineren Arten eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit voraussagt. Mit seinem Projekt will er dazu beitragen, die Auswirkung der aktuellen Biodiversitätskrise besser einzuordnen.

Sebastian Höhna studierte Informatik an der Berufsakademie Berlin und Computerwissenschaften an der Universität Auckland (Neuseeland). 2013 promovierte er in Mathematischer Statistik an der Universität Stockholm (Schweden). Als Postdoc forschte Höhna an der University of California (Davis und Berkeley) bevor er 2017 eine Position als Forschungsgruppenleiter an der LMU übernahm.

Prof. Dr. Daniel Merk leitet den Lehrstuhl für Pharmazeutische und Medizinische Chemie an der LMU. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die gezielte Modulation von Transkriptionsfaktoren mit niedermolekularen Wirkstoffen und die Anwendung künstlicher Intelligenz im molekularen Design.

Neurodegenerative Erkrankungen wie die Alzheimer Demenz, die Parkinson Krankheit oder die Multiple Sklerose sind für Patienten eine schwere Belastung und stellen auch für die Gesellschaft eine große Herausforderung dar. Bisher gibt es keine therapeutische Strategie, die das Fortschreiten von Neurodegeneration aufhalten oder umkehren kann. Neue therapeutische Ansätze werden daher dringend benötigt, allerdings fehlen noch geeignete, pharmakologisch validierte Zielstrukturen. Mit dem ERC-Projekt NeuRoPROBE will Merk diese Lücke schließen. Er setzt dabei auf zwei Transkriptionsfaktoren (TLX und Nurr1) als vielversprechende Kandidaten, für die jedoch noch geeignete Liganden fehlen. Solche Bindepartner will der Pharmazeut nun entwickeln. Für das molekulare Design dieser speziellen Moleküle – sogenannte chemische Tools und PROTACs – will er unter anderem Künstliche Intelligenz einsetzen, um den Entwicklungsprozess zu beschleunigen. Die neuen Substanzen sollen dann in phänotypischen zellulären Modellen verwendet werden, um die Aktivität von TLX und Nurr1 zu kontrollieren und deren pharmakologische Modulation bei neurodegenerativen Erkrankungen zu validieren.

Daniel Merk studierte Pharmaceutical Sciences und Pharmazie an der LMU und promovierte 2015 in Pharmazeutischer/Medizinischer Chemie an der Universität Frankfurt. Anschließend forschte er an der ETH Zürich und als Gruppenleiter an der Universität Frankfurt, bevor er 2021 an die LMU wechselte.

Dr. Liang Emlyn Yang ist Wissenschaftler der Lehr- und Forschungseinheit Mensch-Umwelt-Beziehungen am Department Geographie der LMU.

Wie Gesellschaften mit dem Thema Flut umgehen, ist fast ausschließlich geprägt vom Blick auf Risiken, auf Verletzbarkeit, Schaden und Verlust, auf Anpassung an einen schlechteren Zustand. Fast immer gehen wir dabei also von einer negativen Perspektive aus. Dabei hat die Bevölkerung an Küsten, in Flussdeltas oder Überschwemmungsgebieten oder engen Flusstälern, in ganz unterschiedlichen Regionen also, die potenziell von Überflutung bedroht sind, sich nicht nur gehalten, sondern auch prosperiert. Dafür gibt es viele Beispiele, doch sind sie systematisch bislang nur unzureichend untersucht. Liang Emlyn Yang will diese Forschungslücke schließen und diese Form gesellschaftlicher Resilienz auch in historischer Perspektive analysieren. In seinem ERC-Projekt SToRes (Spatial-Temporal Dynamics of Flood Resilience) schlägt Liang Emlyn Yang einen innovativen neuen Ansatz in einem aufstrebenden Feld der Hochwasserforschung vor, in dem Resilienzen statt Risiken betrachtet werden. Der Münchner Forscher wird das am Beispiel des Tea Horse Road Area exemplifizieren, einer bergigen Region des tibetischen Hochplateaus. Die Region sei ideal, um die raumzeitliche Dynamik der Flut-Resilienz zu untersuchen. Das Beispiel biete eine über 600-jährige gut dokumentierte Geschichte, die es ermöglicht, das Phänomen differenziert auf Ebene von Haushalten, Gemeinden, Städten und Großregion mit Blick auf Governance, Technologieentwicklung, Gesellschaftsstruktur und Kultur zu betrachten. Dafür wird Liang Emlyn Yang historische Archive und wissenschaftliche Literatur ebenso auswerten wie statistische Daten und Material aus Felduntersuchungen. Über das Fallbeispiel hinaus sollen die Erkenntnisse aus empirischer Studie und agentenbasierten Modellierungen sich womöglich auch auf andere Problemregionen wie etwa das Mekong-Delta anwenden lassen und so einen hochaktuellen Beitrag zur Erforschung der Mensch-Umweltbeziehungen liefern.

Liang Emlyn Yang studierte an der Southwest University in Chongqing, China, und machte seinen Master an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking. Er wurde an der Universität Hamburg promoviert. Dort war er zunächst am Institut für Geographie und am Fachbereich Mathematik, wechselte dann als Postdoktorand zur Graduiertenschule „Human Development in Landscapes“ der Universität Kiel und kam 2019 an die LMU.

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